Rhein-Erft-Kreis verbietet CBD-haltige Lebensmittel – mit welcher Begründung?


Wieder einmal werden die Gesetzgebung und das Umsetzen von Volksbegehren in unserem Land infrage gestellt. Der Rhein-Erft-Kreis, unser Kreis im Westen von Nordrhein-Westfalen, hat sich dazu entschieden, CBD-haltige Lebensmittel aus dem Verkehr zu ziehen und den Vertrieb dieser Art von „Nahrungsergänzungsmittel“ zu verbieten. Und zu Recht stellen wir uns hier die Frage, warum und vor allem mit welcher Begründung diese Entscheidung getroffen wurde. Mehr dazu in folgendem Artikel. 


CBD Verbot Rhein Erft Kreis

Hinweis: Wegen der aktuellen Rechtslage in NRW haben wir uns dazu entschieden, den Verkauf unserer in Deutschland hergestellten Hanföle bis zur Klärung vorerst einzustellen.

Amazon hingegen ist mittlerweile voll mit chinesischen Produkten, während deutsche Händler einer nach dem anderen aufgeben oder ihren Sitz in EU-Staaten verschieben, die anderer Auffassung sind, was das Thema "CBD“ angeht.

An unsere Behörden: "Bravo weiter so…!"


Der Rhein-Erft-Kreis gibt bekannt…


„Aufgrund von § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) und § 14 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes NRW (OBG NRW) wird zum vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutz folgende Allgemeinverfügung im gesamten Gebiet des Rhein-Erft-Kreises erlassen:“

Für alle in Rhein-Erft-Kreis ansässigen Lebensmittelunternehmen sowie dem stationären Handel als auch den Versandhandel und Verkauf im Internet gilt ab sofort die Regel, dass das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die Cannabidiol als „CBD-Isolate“ oder „mit CBD angereicherte Hanfextrakte“ enthalten, verboten ist. Des Weiteren wird auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen diese Anordnungen nach § 59 Abs. 3 Nr. 2 lit. a LFGB hingewiesen. 


Die Begründung


Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV), das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW (MULNV) und das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS) sowie allen Chemischen- und Veterinäruntersuchungsämtern NRW (CVUÄ) sind im Rahmen einer „einheitlichen nordrhein-westfälischen Beurteilung“ zu dem Entschluss gekommen, dass aufgrund fehlender Zulassungen alle Lebensmittel bzw. Lebensmittelzutaten, die Cannabidiol enthalten, nicht verkehrsfähig und als neuartige Lebensmittel einzustufen sind. Bei der Beurteilung wurden darüber hinaus sowohl das Arzneimittel- als auch das Betäubungsmittelrecht berücksichtigt.

 

Diese Maßnahmen wurden laut der Stellungnahme getroffen, um Verstöße gegen die Vorschrift VO (EU) 2015/2283 zu verhindert und die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen. 

 

„Zwecks Wahrung des Verbraucherschutzes zur Verhütung von Gesundheitsgefährdungen und zur Durchsetzung der Vorschrift ist die Anordnung eines Verbots per Allgemeinverfügung geeignet, eine konkrete Gefahr für die Allgemeinheit abzuwehren. Es besteht kein milderes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks.“

 

So steht es im Amtsblatt des Landrats Rhein-Erft-Kreis.


Doch jetzt kommt der Hammer!


Des Weiteren schreibt das Landratsamt in seinem Amtsblatt, Zitat:

„Für die Einzelsubstanz Cannabidiol (CBD) wurde bisher kein nennenswerter Verzehr vor dem 15. Mai 1997 belegt. Es handelt sich somit um ein „neuartiges Lebensmittel“ nach Art. 3 Abs. 2 lit. a i) VO (EU) 2015/2283 (Novel Food-Verordnung).“

 

Und genau an diesem Punkt stößt es uns sauer auf, denn diese Behauptung ist schlicht nicht richtig. Sehen wir uns die Geschichte von Cannabis nämlich einmal genauer an, wird Folgendes klar: 

Cannabis ist aus der Geschichte der Menschheit nicht wegzudenken. Aber insbesondere in Deutschland ist die potente Pflanze seit jeher ein wichtiger Rohstoff gewesen. Forschungen haben ergeben, dass der älteste Hanf-Fund bei Eisenberg im heutigen Thüringen war und das bereits ca. 5.500 v. Chr. Somit gibt es den Hanf in Deutschland sogar länger als die Kartoffel, mit welcher wir Deutschen so gerne identifiziert werden. Diese wurde nämlich erstmals 1647 n. Chr. in Deutschland angebaut, nachdem sie aus Amerika importiert wurde. Somit gehört die Cannabispflanze zu den ältesten in Deutschland bekannten Nutz- und Kulturpflanzen.

Dabei wurde Cannabis bei Weitem nicht nur zur Herstellung von Seilen, Segeln oder Kleidung verwendet. Denn die Samen, Blätter und Stiele der potenten Pflanze wurden bereits damals verwendet, um Mehl, Öle oder andere Lebensmittel herzustellen.

In einem unserer Artikel (welchen du hier findest), sind wir außerdem bereits ausführlich auf das Thema CBD bezüglich der Novel-Food-Verordnung eingegangen und haben einige Fakten aufgezählt, welche der Behauptung, CBD wäre ein „neuartiges Lebensmittel“ und daher wie bisher nicht zulässig entgegenwirken. Ein in diesem Fall sehr wichtiger Fakt ist folgender:

 

„Der Verzehr von CBD-haltigen Teilen der Pflanze Cannabis Sativa L. wie Hanfblätter oder -blüten bzw. deren Extrakte erfolgte bereits, bevor die Novel-Food-Verordnung am 15.05.1997 innerhalb der EU und ihrer Mitgliedstaaten in Kraft getreten ist, in nennenswertem Umfang. Aus diesem Grund sind derartige CBD bzw. Cannabis-Produkte nicht als „neuartig“ zu bezeichnen und benötigen somit auch nicht die oben genannte Zulassung gem. Art. 6 der Verordnung (EU) 2015/2283 (sog. Novel-Food-Verordnung).“


Auch in Polen wurde Cannabis bereits vor 1997 in nennenswertem Umfang konsumiert


Hanfanbau Polen 1970
Verteilung der Hanfkulturen und deren Anteil an der Ackerfläche nach dem Plan von 1970

Polen gehört ebenfalls zu den Ländern in Europa, welche eine lange Tradition in der Verarbeitung von Cannabis verzeichnen können. So wurden die ersten Untersuchungen zu Anbautechnologie, Faserproduktion, Verarbeitungstechnik und Rohstoffmanagement bereits in der Vorkriegszeit durchgeführt, wobei 1928 Hanf auf einer Fläche von 29.300 ha angebaut wurde. Von einem „nicht nennenswerten Umfang“ kann man wohl auch kaum reden, wenn man bedenkt, dass die größte Anbaufläche Polens ganze 30.000 ha betrug. Aufgrund des technologischen Fortschrittes, der eine geringere Nachfrage zur Folge hatte, sowie der weltweiten Prohibition nahm das Volumen dieser Anbaufläche jedoch systematisch ab. In den 90er-Jahren brach der Markt dann völlig zusammen. 


Die Ironie dahinter - EU stimmt für Anhebung des THC-Gehalts von Nutzhanf auf 0,3 %


Schon lange setzt sich die European Industrial Hemp Association (EIHA) für eine liberalere Cannabispolitik in Europa ein. Ein Punkt, welchen die EIHA vorgeschlagen hat, ist die Erhöhung des Grenzwertes der berauschenden Substanz THC für Industriehanf von 0,2 % auf 0,3 %. Das Europäische Parlament hat sich nun für die Anhebung des Grenzwertes ausgesprochen und setzt damit ein eindeutiges Zeichen im Prozess der Neufestlegung des zulässigen THC-Gehalts für Nutzhanfpflanzen in Europa. So wurde Bereits im Oktober dem Vorschlag der EIHA im Rahmen einer vom Parlament verabschiedeten Reform im Politikbereich der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zugestimmt.

 

„Dies ist ein historischer Moment für unsere Industrie, für unsere Landwirte, für eine grüne Zukunft und für alle Europäer“

 

So EIHA-Präsident Daniel Kruse. Darüber hinaus stimmte das Parlament für die Aufnahme von Hanf in die Liste der Produkte, welche durch Vermarktungsnormen reguliert werden können und dadurch die wirtschaftlichen Bedingungen für Produktion und Vermarktung sowie die Qualität der landwirtschaftlichen Produkte verbessern sollen.

 

 

Insbesondere für die Produktion von CBD-Produkten hatte sich der Grenzwert von 0,2 % als Hindernis manifestiert, da der CBD-Gehalt in Cannabispflanzen proportional zum Antagonisten THC steigt. Für europäische Wissenschaftler ergab sich draus kein Grund, die potenten, CBD-haltigen Cannabissorten zu entwickeln. 


Fazit


Einerseits gibt es nach wie vor Streitigkeiten darüber, ob CBD-Produkte nun verboten werden sollen oder nicht. Ob diese Produkte nun „novel-food“ sind oder nicht. Oder, ob die Produkte gesundheitsgefährdend sind oder nicht. Vor allem Letzteres ist an Ironie allerdings kaum zu übertreffen, wenn im selben Zug eine Debatte über die Legalisierung der Substanzen stattfindet und das Parlament für die Anhebung des THC-Gehalts von Nutzhanf auf 0,3 % stimmt. Wofür das Ganze, wofür die ganzen Verbote und die Gefährdungen von Existenzen, wenn wir doch schon so nah am Ziel sind…?